Knoten – 5 Minute prompt

Es kommt mir so vor als wäre ich gestern erst auf dem Schiff in Richtung Mittelmeer gesessen. Als hätte ich vorgestern die Delfine beobachtet, wie sie sich einen Spaß daraus machen vor dem Boot umherzuspringen, darunter hindurch zu tauchen und ein Wettrennen mit dem hölzernen Untergrund zu veranstalten. Sie hatten ein Junges bei sich, das es umso mehr genoss in die Lüfte zu springen und die kühle Erfrischung der Luft zu genießen. Wir hielten das Boot an, um zu sehen, wie die Delfine sich daraufhin verhalten würden. Sie schwammen dennoch vor dem Boot umher, genossen unsere Gesellschaft und wir ihre. Es war windstill an diesem Tag, sodass wir zum Motor greifen mussten, da der Wind es uns nicht erlaubte die Segel zu setzen. Und dennoch wollte ich weiter reisen, wollte die Mitte des Meeres sehen, nur um dann wieder umzukehren. Ich wollte wissen, wie es ist 1000 Meter hohe Wellen zu besteigen, wie Bergsteiger mit der einzigen Ausrüstung eines Holzbootes um mich herum. Ich wollte die Bretter knarzen hören, wollte Angst haben, dass sie zusammenbrechen. Ich wollte dieses Adrenalin spüren, die Freude, wenn ich mein Ziel erreicht habe und das Gewissen, dass ich allein die Macht über mein Leben habe. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich als Kind die Knoten übte, bis meine Finger von den Seilen wund gescheuert waren. Ich konnte es kaum erwarten endlich selbst ans Steuer zu gehen, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen. Die Preise machten mir nichts aus. Es war schön auf dem Treppchen zu stehen, doch mir gefiel der Moment nicht, wenn alle mich deswegen bewunderten. Ich wollte nicht bewundert werden, nur weil ich es geschafft habe einen Parkour zu umfahren, schneller als die anderen, weil der Wind nun mal auf meiner Seite war. Ich wollte bewundert werden, weil ich Ich war und weil ich mich nicht einschüchtern ließ durch die ganzen anderen Mitstreiter. Ich wollte für meine Willenskraft bewundert werden, vielleicht sogar für meine Angst nicht versagen zu wollen, da das das Einzige war was mich tatsächlich antrieb. Doch ich wurde nicht bewundert. Nicht für solche Dinge. Mir wurde lediglich jeden Tag gesagt, dass aus mir etwas Besonderes werde, dass ich ein Ehrenmitglied des Yachtclubs sei, dass sich jeder eine Scheibe von mir abschneiden könne. Das war alles was der Erfolg mir brachte. Bewunderung für Stärken, für die ich meinte zu wissen, dass ich nichts dafür könne.

Und jetzt sitze ich erneut am Steg, meine Beine in das eiskalte Wasser getränkt und frage mich was gewesen wäre, wenn ich an diesem Tag im Mittelmeer nicht umgekehrt wäre. Wenn ich weiter gefahren wäre zum nächstgelegenen Hafen. Wenn ich dem Sturm entkommen wäre und wenn die Wellen nicht die Macht über mein Leben von mir genommen hätten.

Siehe auch

Donner

Ich bin bereits verloren in der Welt. Ich bin der Donner.

Ein Neubeginn

Dieser Sonnenuntergang ist ein Zeichen der Hoffnung. Ein Zeichen, dass ein neuer Tag kommen wird.

Dreiundzwanzig Zigaretten

Mit jeder Zigarette schwindet die Erinnerung an dich. Mit jeder Zigarette schwindet die Zeit.