Ich kam gestern mit dem Zug an. Auf der Fahrt drehten sich meine Gedanken nur um dich. Sie kreisten um meinen Kopf herum, wie die Sterne um den Kopf eines zu Fall gegangenen Menschen in einer dieser schlechten Komödien, die du so gerne gesehen hast. Ich habe die Komödien nie gemocht, fand nicht eine Stelle davon witzig. Doch ich habe gelacht. Ich habe gelacht, weil du gelacht hast. Und dein Lächeln, Gott dein Lächeln, macht mich zum glücklichsten Menschen der Welt. Egal in welchem Moment meine Augen die Sicht aus dem Fenster wagten, jeder Ort da draußen zierte eine Silhouette von dir.
Der einsame Baum, inmitten eines Feldes, sah aus wie einer der Bäume, unter denen du kitschige Liebesromane gelesen hast.
Der kleine Waldabschnitt in der Ferne erinnerte mich an unseren Spaziergang, welcher zu einem meiner besten Tage wurde. Du wolltest nicht hinein gehen. Der Wald machte dir Angst. „Vertrau mir. Ich bleibe an deiner Seite. Wenn du gehen willst, gehen wir.“ Deine Augen wanderten hinunter und starrten auf meine Hand, die darum bat deine nehmen zu dürfen, die darum bat dich zu leiten und für dich da zu sein. Ich habe keine Ahnung wie lange wir an diesem Punkt standen, bis wir einfach losgelaufen sind. Ohne nachzudenken. Weißt du noch wie dieser Tag endete? Wir haben mindestens 300 Bilder geschossen, in denen wir unglaublich schrecklich aussahen. Doch jedes einzelne dieser Bilder brachte dich zum Lachen und hat dich vergessen lassen, wieso du ursprünglich Angst hattest diesen Wald zu betreten. Aus diesem Grund habe ich eins der Bilder ausdrucken lassen. Ich habe es heimlich auf deinen Nachttisch gestellt, damit du auch in schlechten Nächten daran erinnert wirst, dass jede Angst besiegbar ist. Jeder Moment, der dir Angst bereitet, kann sich im Nachhinein als eine wundervolle Erfahrung herausstellen.
Der Sonnenuntergang. Der Sonnenuntergang erinnert mich an deine Augen. Deine Seele. Dein Wesen. Alles an dir war ein Sonnenuntergang. Du die Sonne, die den Tag noch ein letztes Mal erleuchtet, bevor die Nacht die Dämonen frei lässt. Du warst kein gewöhnlicher Sonnenuntergang. Du warst der schönste Sonnenuntergang, den diese Erde je gesehen hat. Zu schön, um ihn in einer Erinnerung oder mit Hilfe einer Linse einfangen zu können. Doch dann gingst du unter. Und die Menschen lebten weiter, erlebten den nächsten Sonnenuntergang, ganz ohne Beachtung. Und ich: Ich starre noch heute auf den Horizont und hoffe diesen unglaublichen Anblick ein zweites Mal erleben zu dürfen. Doch mein Herz weiß längst, dass dieser Moment nie mehr kommen wird. Es wird keinen Sonnenuntergang geben, der deinem gleicht.

Ich kam gestern mit dem Zug an. Und da sah ich dich am Ende des Gleises stehen. Allein. Meine Intuition hat gesagt, dass du auf den nächsten Zug wartest. Und auf den danach. Und auf den danach. Du wartest auf den perfekten Zug, der dich fort trägt.
Das lasse ich nicht zu.
Meine Hand greift nach deiner Schulter.
„Vertrau mir. Ich bleibe an deiner Seite. Wenn du gehen willst, gehen wir.“ Deine Augen starrten meine Hand nicht an. Sie starrten mich an. Ungläubig. Überrascht. Verletzt. „Lass mich dein perfekter Zug sein.“

Kein Sonnenuntergang gleicht dem anderen. Doch dieser am heutigen Tag ist kein Einläuten der Nacht. Er ist ein Neubeginn. Denn sobald die Sonne an diesem Ort unter geht, geht sie an einem anderen gerade erst auf. Ein Neubeginn.

Siehe auch

Seele

Ich kann wieder Atmen, mutig sein und frei.

21:30 Uhr

Es gibt kein uns in dieser Beziehung. Es gibt nur mich und mein Herz, dass bei jedem deiner Küsse nach mehr verlangt, nach Meer.

Ich frage mich was wäre wenn

Mit jedem Tropfen verrinnt die Chance auf ein Wiedersehen. Auf ein Wir zwischen den Schatten dieser Stadt.